Buch & Verlagsinformationen


Stimmen zum Roman:

Georg Mertins Debüt "Die Hemdvermesser" gehört zu den bemerkenswertesten Romanen des letzten Jahrzehnts. Hemdvermesser, eine von Mertin eingeführte Berufsbezeichnung, sind im gleichnamigen Roman präsent, wenn auch nur zwei Mal explizit. Viele Hemden werden von ihnen vermessen, aber nur zwei gefertigt: Eines für einen Lebenden und eines für einen Toten. Beide Hemden bleiben ungetragen. Leben und Tod sind zu drastisch für ein weises Buch wie das Erstlingswerk von Georg Mertin.
Mertins Roman ist eine sich über mehrere Generationen erstreckende Geschichte der Familie Brambinder, zunächst eine Nachkriegsgeschichte, die in Ungarn beginnt und nach der Flucht in Westeuropa, hauptsächlich in Hessen, ihr offenes Ende findet.
Emil, Protagonist der Geschichte, ist ein eigenwilliger Außenseiter, der ein Muttermal, ein birthmark, auf der Stirn trägt. Seiner Mutter verdanken sich auch Emils Selbstgewissheit und sein untrüglicher Blick für tragisch-komische Verhaltensweisen, worüber er dem Anschein nach unbeteiligt berichtet: So hält er dem Provinzialismus der großen Politik wie auch der ökonomischen Gier den grotesken Spiegel vor. Dazu wählt er eine archaisch anmutende Sprache. Aber unbeteiligt ist Emil nicht, denn er entwickelt sich: Veränderungen im Erleben und in seinem Verhalten treten stärker hervor. Emil reist, er lernt, er studiert Kunst, um sich schließlich als Kunsthändler nieder zu lassen und sich augenblicklich von dieser Schlüsselprofession zu distanzieren. – Das vom Autor selbst gewählte Motto ist auch ein Resümee:
The only man I know who behaves sensibly is my tailor; he takes my measurements anew each time he sees me. The rest go on with their old measurements and expect me to fit them. (Shaw, Man and Superman)

 

Jochen Hoffman, 2018

 


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